TESHUMAR.BE est dedié à la CULTURE du peuple touareg? de ses voisins, et du monde. Ce blog, donne un aperçu de l actualité Sahelo-Saharienne. Photo : Avec Jeremie Reichenbach lors du Tournage du film documentaire : « Les guitares de la résistance Touaregue », à la mythique montée de SALUT-HAW-HAW, dans le Tassili n’Ajjer-Djanet- Algérie. 2004. Photo de Céline Pagny-Ghemari. – à Welcome To Tassili N'ajjer.
vendredi 1 mai 2009
Die verwaiste Schule von Tezirzayt
Kurt Pelda- NZZ Online - 30. April 2009
Die verwaiste Schule von Tezirzayt
vendredi 1er mai 2009
Neben der Schule von Tezirzayt stehen zwei ausgebrannte Armeelastwagen. Vor rund zwei Jahren haben die nigrischen Streitkräfte das kleine Haus mit seinen beiden Klassenzimmern zu einem Stützpunkt umfunktioniert. Seither gehen die Tuareg-Kinder in der Umgebung nicht mehr zum Unterricht. Zivilisten berichten, dass die Soldaten die Tuareg damals schikaniert und manchmal mit Stiefeln getreten hätten.
Schwarzer Turban, weisse Sonnenbrille - Kontraste in der Sahara. Dieser Kämpfer erinnert an einen schiesswütigen Filmhelden aus den 80er-Jahren. Munition ist genügend vorhanden. Sandbleche sind in der Wüste fast so wichtig wie Maschinengewehre.
Die Nomaden, die ihre Tiere an den beiden Brunnen von Tezirzayt tränken wollten, seien unter Generalverdacht geraten, die Rebellen des Mouvement des Nigériens pour la Justice (MNJ) zu unterstützen. Schliesslich hätten Soldaten drei alte Männer auf bestialische Weise umgebracht. Das mit Steinen umrandete Grab liegt nur wenige Schritte von der Schule entfernt. Unter den Umgebrachten habe sich auch der Vater des MNJ-Generalstabschefs Kalakouwa befunden, erzählt einer der Rebellen.
Zu sicher gefühlt
Nach dem Mord beschlossen die Aufständischen, den Armeestützpunkt anzugreifen. In der Schule befand sich das Quartier des Kommandanten. Die Soldaten lagerten dagegen im Freien. Einen Verteidigungsring mit Schützengräben und Maschinengewehrnestern hielten sie nicht für nötig, man fühlte sich wohl allzu sicher. Für die Rebellen mit ihren wendigen Pick-ups war es so nicht schwierig, den Stützpunkt zu überrennen. Skelette unter den ausgebrannten Lastwagen zeugen von Verlusten der Armee. Die Soldaten hatten offenbar auch schwere Granatwerfer mit grossen Mengen an Munition dabei. Viele der Granaten flogen beim Angriff unabsichtlich in die Luft. Die beiden Lastwagen wurden deshalb von Splittern förmlich durchsiebt. Im Sand liegen Stücke von 120-Millimeter-Granaten herum, daneben auch jede Menge Blindgänger.
Auf der anderen Seite der Schule klafft ein riesiger Bombenkrater im Boden. Er stammt von Luftangriffen, die nigrische Kampfhelikopter im Sommer vor einem Jahr flogen, als die Armee Tezirzayt für kurze Zeit zurückeroberte. Die Repressalien der Armee und die Kämpfe haben die Bevölkerung rund um Tezirzayt vertrieben. Zurückgeblieben ist nur gerade eine von angeblich 200 Familien. Wir treffen ein paar Frauen und Mädchen unten im Tal beim Ziehbrunnen. Die Kämpfer helfen ihnen, die Schafe und Ziegen zu tränken. Sie erzählen, die beiden Brunnen von Tezirzayt seien von Mano Dayak gebaut worden, einem berühmten Targi (Einzahl von Tuareg) und Rebellenführer im Aufstand von 1991 bis 1995. Nach ihm ist der internationale Flughafen von Agades benannt, das Tor zum nigrischen Norden und zur Ténéré-Wüste.
Hinter dem Tal, in einer Ansammlung imposanter Sanddünen, geben die Wüstenguerilleros eine militärische Vorführung. Sie brettern mit ihren Toyotas einen Hang hinauf. Oben angekommen, springen die Kämpfer von den Pritschen und stürmen die Stellungen eines imaginären Gegners. Kommandos werden gebellt, Waffen klirren. Unterdessen vollführen die Fahrer ein paar Kunststücke mit ihren leeren Geländewagen, sie drehen sich im Kreis und wirbeln Sandfontänen auf. Generalstabschef Kalakouwa versucht sich am Steilhang einer majestätischen Düne – und bleibt im Sand stecken. Der Toyota gerät dabei in eine solche Schräglage, dass die Rebellen mitsamt Sturmgewehren, Panzerfäusten und Maschinengewehrgurten von der Ladefläche herunterpurzeln. Zum Glück verletzt sich niemand. Vergeblich versuchen die Männer, die Räder frei zu buddeln und den Wagen anzuschieben. Baba fährt unseren Pick-up rückwärts heran, um den eingesandeten Toyota aus dem Dünenhang zu ziehen. Ein Abschleppseil fehlt, deshalb werden die beiden Autos mit einem Sandblech verbunden. Die Kämpfer binden das robuste Blech an den Chassis der beiden Pick-ups fest, und dann befreit Baba den Toyota aus seiner misslichen Lage.
Eine Sprengfalle ?
Am Rand des Wadis, in dem wir unser Nachtlager aufgeschlagen haben, steht ein offener Verhau aus Wellblech. Es ist der ideale Ort für eine Dusche. Ich hole mir einen halbvollen Kanister und einen Blechnapf, mit dem ich mir das Wasser über den Kopf schütte. Für kurze Zeit schlottere ich, während die Tropfen auf meinem Körper verdunsten. Selbst im Sand verschwinden die dunklen Wasserflecken jedoch schon nach kurzer Zeit. Ein Tuch zum Trocknen ist nicht nötig. Zum ersten Mal auf dieser Reise fühle ich mich wieder sauber. Es ist der Zeitpunkt, sich frische Kleider zu gönnen. Das führt sofort zu einer Art Hochgefühl. Nur für den lebenswichtigen Turban habe ich keinen Ersatz.
Hinter dem Air-Gebirge geht die Sonne unter. Ich klettere eine felsige Anhöhe hinauf, die einen kolossalen Blick auf die Dünen bietet, die in den letzten Sonnenstrahlen kitschig rosa aufleuchten. Wie ich mich umdrehe, entdecke ich eine in einem Felsspalt versteckte Holzkiste. Sie enthielt früher zwei 120-Millimeter-Granaten, wie ich der Aufschrift entnehme. Inzwischen ist Amoumoune, der Veterinär, vom Lager heraufgeeilt. Er warnt mich davor, die Kiste aus Neugier zu öffnen. Es könnte eine Sprengfalle darin versteckt sein. Amoumoune gesellt sich zu mir und wir geniessen den Ausblick gemeinsam. Ich frage ihn, warum er hinke. Es sei ein Motorradunfall gewesen, antwortet er. Ich lache und zeige Amoumoune die Narben an meinem Fussgelenk, die von einem Motorradunfall in Kenya stammen. Heimlich denke ich, wie ungerecht die Welt doch ist. Als Schweizer bekam ich die wahrscheinlich beste ärztliche Hilfe, die es gibt. Hätte Amoumoune nur einen annähernd so guten Chirurg gehabt, müsste er seinen Fuss heute wohl nicht hinter sich her ziehen.
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